21. Dezember 2022

«Wir ziehen alle am gleichen Strick»

Zuweisende Ärztinnen und Ärzte müssen Patientinnen und Patienten mit Problemen im Bauchraum künftig nicht mehr von einer Spezialistin zur nächsten schicken: Im neuen Zentrum Bauch des KSBL finden Betroffene alle Spezialisten auf einem Stock vereint. Prof. Dr. med. Robert Rosenberg, Leiter des Bauchzentrums und Chefarzt der Klinik Chirurgie & Viszeralchirurgie, freut sich über diesen Richtungswechsel in der Medizin.

Das Team v.l.n.r. Dr. med. Alessandra Angelini (Leitende Ärztin Medizin), Katrin Vogt (Pflegeexpertin MScN), Bilal Bektas (Zentrumsmanager), Prof. Dr. Robert Rosenberg (Chefarzt Chirurgie & Viszeralchirurgie), Dr. med. Christine Glaser (Co-Chefärztin Chirurgie & Viszeralchirurgie), PD Dr. Emanuel Burri (Chefarzt Gastroenterologie & Hepatologie)

Robert Rosenberg, seit 1. Dezember 2022 behandeln Sie Personen mit Bauchschmerzen im neuen «Zentrum Bauch» in Liestal. Worauf freuen Sie sich als Leiter des Zentrums besonders?

Auf die enge Zusammenarbeit mit den anderen Spezialistinnen und Spezialisten sowie Kolleginnen und Kollegen der Gastroenterologie & Hepatologie und der Inneren Medizin. Wir werden im Zentrum Bauch Tür an Tür arbeiten und viel Gelegenheit haben, uns auszutauschen. Gemeinsam können wir Patientinnen und Patienten so die bestmögliche Medizin bieten. Dies wird sich auch auf ihre Zufriedenheit auswirken. Und auf unsere. Uns geht es gut, wenn es unseren Patientinnen und Patienten gut geht.

Was wird sich in Ihrem Arbeitsalltag als Chefchirurg konkret verändern?

Im Zentrum Bauch arbeite ich mit Ärztinnen und Ärzten, Therapeutinnen und Therapeuten sowie Pflegefachkräften auf dem gleichen Stockwerk zusammen – alle spezialisiert auf Probleme im Bauchraum. Beim gemeinsamen Morgenrapport werden wir uns täglich interdisziplinär austauschen und kommen nachmittags ebenfalls kurz zusammen. Die Wege sind kürzer und unkomplizierter und somit verbessert sich der Austausch. Dies ist die entscheidende Veränderung der Zentrenbildung. 

Werden auch die Patientinnen und Patienten Veränderungen bemerken?

Auf jeden Fall! Etwa in den neuen interdisziplinären Sprechstunden, in denen sich – wie bereits heute in der Beckenbodensprechstunde – mehrere Spezialistinnen und Spezialisten gemeinsam um sie kümmern werden. Früher musste eine Patientin bzw. ein Patient oft von einem Spezialisten zum andern pilgern, bis eine optimale Behandlung erfolgte. Dabei ging wertvolle Zeit und Energie verloren. In Zukunft läuft es umgekehrt: Die Patientinnen und Patienten kommen nicht zu den Spezialisten, sondern wir gehen zu ihnen. In einer solchen Sprechstunde im Zentrum Bauch erfolgt innert einer Stunde die Konsultation von mehreren Spezialistinnen und Spezialisten – ein System also, das den Fokus auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten legt. 

Werden Sie im Zentrum Bauch auch mit den Zuweisenden enger zusammenarbeiten?

Dies ist unser Ziel. Bereits heute interagieren wir sehr eng mit zuweisenden Hausärztinnen und -ärzten oder Spezialistinnen und Spezialisten der Gastroenterologie, Urologie, Gynäkologie oder Endokrinologe – Hormonspezialistinnen und -spezialisten –, die ihre Patientinnen und Patienten zur weiteren Abklärung oder Operation an uns überweisen. Es ist äusserst wichtig, dass sie stets informiert sind; nicht nur beim Ein- und Austritt. So können sie nicht nur Rückfragen von Angehörigen beantworten, sondern auch in unserem Team Inputs einbringen. Gerade bei schwierigen Entscheidungen ist ihre Meinung wichtig, denn sie kennen die Betroffenen und ihre Krankheitsgeschichte viel länger als wir.


 

Prof. Dr. med. Robert Rosenberg
Facharzt für Chirurgie / Viszeralchirurgie (DE) / FACS / FEBS, EBSQ Surgical Oncology / EMBA in Medical Management
Chefarzt Klinik Chirurgie & Viszeralchirurgie
Leiter Zentrum Bauch, Leiter Darmkrebszentrum

Tel. +41 61 925 21 50
Mail


 

Werden auch die Zuweisenden medizinisch von der Zentrumsbildung am KSBL profitieren?

Ja, denn kürzere Wege und engere interdisziplinäre Zusammenarbeit bereichern auch ihre Arbeit: Unsere Zuweisenden kennen uns bereits sehr gut, sie kennen die richtigen Ansprechpartnerinnen und -partner im KSBL. Aber die kürzeren Wege werden sicherlich auch ihre Arbeit positiv beeinflussen. 

Und davon profitieren wiederum die Patientinnen und Patienten.

Genau. Es gibt Fälle, bei denen nicht klar ist, in welche medizinische Richtung es geht. Statt sie von einem Spezialisten zum nächsten zu schicken, können sie diese Patientinnen und Patienten künftig einfach ins Bauchzentrum überweisen. 

Gibt es Krankheiten, bei denen gute Kommunikationswege entscheidend sind?

Ja, dies zeigen unsere bisherigen Erfahrungen im Darmkrebszentrum. Ein Beispiel: Ein Hausarzt überweist einen Patienten mit diagnostiziertem Darmkrebs zu uns. Unser Magen-Darm-Spezialist schätzt die Lage ein: Gibt es eine Möglichkeit, ihm eine Operation zu ersparen? Falls nicht, ist die Internistin bzw. der Internist gefragt. Es werden die Risiken einer Operation beurteilt: Kann eine Operation zugemutet werden? Und dann zählt auch die Meinung der Onkologin bzw. des Onkologen: Ist vor oder nach einer allfälligen Operation eine Chemotherapie oder Bestrahlung nötig? Sind alle Spezialistinnen und Spezialisten gleichzeitig vor Ort, erhält der Patient viel schneller die optimale Behandlung. Ausserdem verbessert die engere Zusammenarbeit auch die Forschung. 

Inwiefern?

Das KSBL macht in erster Linie klinische Forschung, etwa im Bereich der Molekularpathologie. Möglich wird diese durch klinische Informationen über die Erkrankten. Und durch Blut- und Tumorproben, die wir – mit dem Einverständnis der Patientinnen und Patienten – sammeln und im Rahmen von Studien hochspezialisierten Forschungsgruppen zur Verfügung stellen. 

Zu welchen Themen forscht Ihr Team?

Besonders aktiv sind wir in der Forschung von Erkrankungen wie Darm-, Magen- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs. Wir suchen Wege, um in Zukunft noch bessere Behandlungen anzubieten und so die Lebensqualität unserer Patientinnen und Patienten zu verbessern. Die Forschungserkenntnisse helfen uns, Krankheiten besser zu verstehen. 

Welche Herausforderungen kommen in den nächsten Monaten auf Sie zu?

Wir haben nun die Aufgabe, aus den vielen Subdisziplinen ein gutes Team zu bilden. Ärztinnen und Ärzte, Pflegefachkräfte, Psychologinnen und Psychologen, Ernährungsspezialistinnen und -spezialisten oder Physiotherapeutinnen und -therapeuten werden am gleichen Strang ziehen. Zwar wurde die interdisziplinäre Zusammenarbeit bereits in den vergangenen Jahren verstärkt. Doch dass verschiedene Disziplinen gemeinsam Rapport abhalten und so eng zusammenarbeiten, ist etwas Neues. Auch die Pflege wird zusätzlich gefordert.

Weil sie stärker eingebunden wird?

Die Pflege nimmt im Genesungsprozess eine äusserst wichtige Rolle ein. Umso wichtiger ist es, dass ihre Beobachtungen in unsere Entscheidungen einfliessen. Dies setzt jedoch voraus, dass sich auch das Pflegepersonal mit den spezifischen Bedürfnissen von Bauchpatienten auskennt und die Pflegeprozesse optimal ablaufen – da sind wir seit Monaten dran. Dank einer hochgradigen Spezialisierung und der engen Zusammenarbeit im interdisziplinären Team soll das Pflegepersonal mehr Wertschätzung erfahren. Davon werden am Schluss alle profitieren.


Kompetenzzentrum gegen Bauchschmerzen

Hier sind alle Patientinnen und Patienten mit Bauchschmerzen am richtigen Ort.

Das Zentrum Bauch am KSBL-Standort Liestal umfasst die beiden Kliniken Chirurgie & Viszeralchirurgie und Gastroenterologie & Hepatologie sowie die Abteilung Allgemeine Innere Medizin Bauch.  «Mit der Bildung von Kompetenzzentren wollen wir uns in der Region positionieren», sagt Robert Rosenberg, Leiter des Zentrums Bauch. Ausserdem erlaube diese Aufteilung, die Qualität des KSBL weiter zu verbessern: «Potenzial nach oben gibt es immer». Das Zentrum Bauch hat in den vergangenen Jahren bereits vieles aufgebaut: Es ist sowohl als Darmkrebszentrum, als Hernienzentrum sowie als Zentrum für Minimalinvasive Chirurgie – inklusive da Vinci-Roboter-Operationen – zertifiziert. «Dies kommt den Patientinnen und Patienten zugute», sagt Rosenberg. 

Das Zentrum Bauch in Liestal steht allen Patientinnen und Patienten mit Problemen im Bauchraum offen. Sie können sich am Empfang bzw. über die zentrale E-Mail anmelden. Oder sie werden von zuweisenden Ärztinnen und Ärzten überwiesen. Auch die beiden KSBL-Notfälle in Liestal und auf dem Bruderholz sowie die ambulanten Sprechstunden in Laufen sind wichtige Eintrittspforten – auch hier sind Mitarbeitende des Zentrums Bauch vor Ort. «Unser Ziel ist es, dass alle Patientinnen und Patienten mit Problemen im Bauchraum die gleich gute Behandlung erhalten – egal wo sie eintreten», sagt Rosenberg.


 


«Regio TV» war bei der Eröffnung vor Ort. Schauen Sie sich den Beitrag an.

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