17. April 2024

Operieren mit dem Roboter: Eine Bilanz nach 10 Jahren

Seit 2014 nutzt das Kantons­spital Basel­land die da Vinci-Technologie. Was hat sich ver­ändert? Ein Inter­view mit Chef­arzt Svetozar Subotic.

Operieren mit dem Hightech-Roboter: Zu diesem Schritt hat sich das Kantonsspital Baselland (KSBL) vor rund 10 Jahren entschlossen. Seit 2014 wird am Standort Liestal der da Vinci-Roboter der US-amerikanischen Firma Intuitive eingesetzt – in den Disziplinen der Urologie, Gynäkologie und Viszeralchirurgie (siehe Prime News-Reportage aus dem OP).

Bei Eingriffen mit dem da Vinci-Roboter befindet sich der Chirurg nicht mehr beim Patienten. Er sitzt an einer Konsole, wo er mit Steuerungshebeln die Arme des Roboters führt, die mit hochpräzisen mikrochirurgischen Instrumenten bestückt sind.

Hat sich die teure Investition gelohnt? 350'000 Franken fallen jährlich für Miete und Wartung der da Vinci-Geräte an. Im Interview mit Prime News zieht Svetozar Subotic Bilanz. Er ist Chefarzt der Klinik Urologie am KSBL.

Können Sie sich noch an die erste Operation mit dem da Vinci-Roboter erinnern?
Svetozar Subotic: Allerdings! Es war am 13. Januar 2014, als wir unsere ersten zwei radikalen Prostatektomien durchgeführt haben. Der eigentliche Start begann jedoch Monate zuvor mit der Schulung der Mitarbeitenden der Operationspflege und der Anästhesie. Die Vorarbeit und die Organisation sind bei einem solchen Schritt von hoher Bedeutung.

Wenn Sie Bilanz ziehen: Welche Verbesserungen hat der da Vinci-Roboter bei den Ein­griffen gebracht?
Der grösste Vorteil ist unbestritten der minimalinvasive Eingriff. Mit der Anwendung der sogenannten Schlüsselloch-Technik wird bei den Operationen weniger Gewebe verletzt. Die Patienten haben weniger Schmerzen und sind schneller wieder auf den Beinen. Gerade für die berufstätigen Generationen ist das ein wichtiger Faktor.

Hat sich die medizinische Qualität verbessert?
So absolut lässt sich das nicht sagen. Dazu fehlen mir die entsprechenden Daten. Fakt ist: Der Einsatz der Robotertechnologie hat uns vor nunmehr zehn Jahren auf den aktuellen Stand der chirurgischen Tätigkeit gebracht. Weiter kann man festhalten, dass sich die minimalinvasiven Techniken als solches inzwischen verbessert haben. Das gilt für Anwendung wie Instrumente.

Wie steht es um die Akzeptanz? Wie reagieren die Patienten, wenn Sie erfahren, dass sie mit dem da Vinci-Roboter operiert werden?
In der Schweiz stehen in den Kliniken inzwischen so viele Roboter im Einsatz, dass dazu kaum noch Fragen gestellt werden. Mit den Anfängen 2014 ist das nicht mehr zu vergleichen. Damals war viel Aufklärungsarbeit erforderlich, um die neuartige Technik den Menschen zu erklären und Ängste abzubauen.

Dazu gehört wohl auch die Aussage, dass nicht der Computer operiert, sondern der Chirurg den da Vinci-Roboter über eine Konsole bedient.
Ganz genau. Auf diesen Punkt kann man nicht oft genug hinweisen. Der Roboter handelt nicht im Alleingang. Er führt vielmehr die Schritte verbessert aus, die ich an der Konsole vornehme. Man kann es auch noch anders ausdrücken: Ein schlechter Chirurg wird durch den da Vinci-Roboter nicht besser. Ein guter Chirurg erhält aber die Möglichkeit, sich nochmals zu steigern.

Die ganze Welt spricht über die Künstliche Intelligenz. Wir fragen uns deshalb: Sind automatisierte Operationen mit dem da Vinci-Roboter vielleicht nicht doch nur noch eine Frage der Zeit?
Für diesen Zweck wurde das da Vinci-System nicht konfiguriert. Es reagiert vielmehr auf die Handlungen des Chirurgen an der Konsole. Ein direkter Zusammenhang zur Künstlichen Intelligenz (KI) besteht deshalb nicht. Dafür kommt die KI aber in anderen Bereichen zum Einsatz, insbesondere in der Diagnostik und der Krebserkennung. Wir arbeiten diesbezüglich eng mit der Pathologie zusammen.

2021 hat das Kantonsspital Basel­land mit dem «da Vinci Xi» die neuste da Vinci-Generation eingeführt. Weshalb erfolgte dieser Schritt?
Der Xi hat vor allem in anderen Disziplinen der Chirurgie und Gynäkologie grosse Fortschritte gebracht – zum Beispiel bei Eingriffen, bei denen Lymphknoten entfernt werden. Das neue Gerät ist nicht mehr so klobig wie sein Vorgänger, es ist beweglicher und gibt uns in der Urologie die Möglichkeit, spezielle Operationen mit weniger Aufwand zu gestalten. Die Anschaffung hat sich insgesamt sehr ausbezahlt.

Was hat die Einführung der da Vinci-Roboter­technologie für das Personal bedeutet? Ist die Aus­bildung komplexer und anspruchsvoller geworden?
Natürlich benötigt der Umgang mit dem da Vinci-Roboter eine gewisse Einarbeitungszeit. In meinem Team lege ich aber Wert darauf, dass das entsprechende Know-how vorhanden ist und hierfür auch ständig Weiterbildung betrieben wird. Ich besuche selbst jährlich andere Kliniken, um Operationen beizuwohnen und zu registrieren, wie andernorts Techniken angewendet werden. Auf diese Weise sind wir in der Lage, dazuzulernen und neuste Trends zu antizipieren.


 

Svetozar Subotic 

Seit 2019 Chefarzt am KSBL
Svetozar Subotic ist in Deutschland aufgewachsen. Sein Medizinstudium sowie die Spezialisierung zum Facharzt Urologie absolvierte er in Mannheim und Heilbronn. 2006 siedelte er in die Schweiz um, wo er unter anderem im Universitätsspital Basel als Oberarzt und später am KSBL als Leitender Arzt arbeitete. Der 51-jährige ist seit 2013 in der Klinik Urologie am Kantonsspital Baselland tätig. 2019 wurde er zum Chefarzt ernannt. Svetozar Subotic ist verheiratet mit PD Dr. med. Ulrike Subotic, Stv. Chefärztin Kinderchirurgie am Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB). Die beiden sind Eltern von zwei Kindern.


Dieses Interview ist in Zusammenarbeit mit dem Newsportal Prime News entstanden (siehe Prime News Reportage).

Text und Gesprächsführung: Christian Keller, Gründer / Inhaber Prime News 

Gesprächspartner: Svetozar Subotic, Chefarzt Klinik Urologie KSBL


Kommentare

Noch Zeichen möglich

Seien Sie die erste Person, die diesen Beitrag kommentiert!