08. Februar 2024
Hyponatriämie: Zu viel trinken kann auch gefährlich werden
Viel trinken ist nicht immer nur gut. Wenn der Körper zu viel Wasser ansammelt und zu wenig Salz zur Verfügung hat, kann dies zu einer Reihe von Problemen führen. Die Rede ist von Hyponatriämie, einer heimtückischen Erkrankung.
Ist ein betagter Mensch zunehmend verwirrt, geht unsicher und stürzt sogar, so denkt man schnell an eine beginnende Demenz. Dabei könnte es sich um eine Fehldiagnose handeln, denn möglicherweise liegt eine sogenannte Hyponatriämie vor, also eine Störung des Salzhaushalts. «Eine Hyponatriämie ist weniger das Problem von Salzmangel, sondern ein Zuviel an Wasser», erklärt Felix Burkhalter, Leiter Nephrologie am Kantonsspital Baselland (KSBL). Dieser Wasserüberschuss entstehe oft durch Medikamente. Auch gewisse Krankheiten können dazu führen, wie etwa eine schwere Herzinsuffizienz. «In diesem Fall versucht der Körper, den Blutdruck aufrechtzuerhalten, indem er das Hormon Vasopressin ausschüttet, welches dafür sorgt, dass der Körper Wasser zurückbehält.»
Ein weiterer möglicher Faktor ist die Mangelernährung, etwa wenn Betagte kaum mehr essen und Salz aufnehmen und stattdessen viel trinken. «Ich sage immer: Die Niere kann kein destilliertes Wasser ausscheiden. Ohne Salz geht es nicht, das brauchen wir», betont Burkhalter. Kommt hinzu, dass die Niere im Alter nicht mehr so gut ausscheiden kann. «Wenn dann noch ein Medikament und eine Herzschwäche dazukommen, führt das alles zu einem Wasserüberschuss.» Deshalb kann der Ratschlag, möglichst wenig Salz zu sich zu nehmen und viel zu trinken, grundverkehrt sein. «Dass wir zu wenig trinken, ist stark in den Köpfen drin. Wir sind mit einem natürlichen Durstgefühl ausgestattet und können Wasser sehr gut konservieren – darauf kann man sich verlassen», sagt Fabian Meienberg, Leiter Endokrinologie & Diabetologie am KSBL. Deshalb solle man sich auch im Alter nicht dazu zwingen.
Ein unterschätztes Problem
Meist tritt die Hyponatriämie nur in einer milden Form auf und äussert sich durch Müdigkeit, Gedächtnis-, Konzentrations- und Gangstörungen. «Das Problem ist, dass diese Symptome oft nicht richtig eingeordnet werden, denn die Salzverschiebungen kommen langsam», so Meienberg. Dies kann fatale Folgen nach sich ziehen, denn mit einer Hyponatriämie erhöht sich das Sturzrisiko deutlich. «Tests haben gezeigt, dass sich die Gangsicherheit und die Gedächtnisleistung verbessern, wenn die Hyponatriämie korrigiert wird», berichtet Burkhalter.
Früher habe man diese Salzverschiebung einfach zur Kenntnis genommen und die Relevanz des Problems verkannt. «Man hat festgestellt, dass 30?% der Patienten und Patientinnen im Spital eine Hyponatriämie haben. Meist ist dies Ausdruck davon, dass eine zugrundeliegende Erkrankung vorliegt.» Wie Untersuchungen zeigen, verlängert sich so die Hospitalisationsdauer um bis zu fünf Tage. «Deshalb sollte man die Alarmzeichen ernst nehmen, wenn jemand tiefe Natriumwerte hat.»
Eine weitere Untersuchung zeigte, dass 20?% der Bewohnerinnen und Bewohner von Altersheimen unter einer chronischen Hyponatriämie leiden. «Gerade bei denjenigen, die öfters stürzen, sollte man genauer hinschauen.» Da häufig Medikamente die Ursache sind, empfiehlt Dr. Burkhalter, diese allenfalls zu ersetzen oder ganz abzusetzen. Liegt es am Herz, so gilt es, dieses zu entlasten. Des Weiteren sollte die Ernährung unter die Lupe genommen und auf einen ausgewogenen Salz- und Wasserkonsum geachtet werden.
Auch Marathonläufer und Partylöwen kann es treffen
Extremsportler wie Marathonläufer können ebenfalls von einer Wasservergiftung betroffen sein. «Durch das Schwitzen verlieren sie viel Salz. Wenn sie dieses unterwegs nicht durch elektrolythaltige Getränke ersetzen, haben sie im Ziel eine Hyponatriämie», warnt Nierenarzt Burkhalter. Das könne zu starken Kopfschmerzen, Übelkeit bis hin zu lebensbedrohlichen Epilepsie-Anfällen führen. Eine ähnliche Reaktion kann schwerer Durchfall auslösen, wenn nur Tee getrunken und nichts gegessen wird.
Nicht minder gefährlich leben Tanzwütige, welche sich für die Partynacht psychogene Drogen wie Ecstasy einwerfen. Diese Wirkstoffe regen eine Hormonausschüttung im Hirn an, um Wasser zurückzubehalten. Wenn gleichzeitig viel getrunken wird, kann dies zu einer schweren Wasservergiftung führen.
Probleme mit dem Wasserhaushalt
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Dr. med. Felix Burkhalter Pirovino
Facharzt für Nephrologie / Facharzt für Allgemeine Innere Medizin
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