Der Radialiszugang ist Standard am Kantonsspital Baselland

Die Koronarangiographie

Bei hoher Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit empfehlen die aktuellen Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie die Koronarangiographie. Ebenfalls erfolgt die invasive Abklärung im Anschluss an einen positiven Ischämietest bei Patienten mit mittlerer Wahrscheinlichkeit. Die invasive Diagnostik stellt den Goldstandard dar in der Darstellung der Herzkranzgefässe und bietet gleichzeitig die Möglichkeit eine hochgradige Stenose kathetergestützt zu behandeln. Die Ballondilatation relevanter Stenosen und anschliessende Stentimplantation ist eine effektive und sichere Therapie für Patienten mit akutem Myokardinfarkt, stabiler Angina pectoris und Patienten mit positivem Ischämietest.

Zugangswege

Die selektive Darstellung der Herzkranzgefässe wurde historisch bedingt über eine der Femoralarterien von der Leiste aus durchgeführt. Aufgrund der geringeren Blutungsraten und der Vermeidung von langen Liegezeiten nach der Herzkatheteruntersuchung kommt dem Zugangsweg über die Unterarmarterie (A. radialis) immer grössere Bedeutung zu. Traditionell wird der Radialiszugang in Frankreich und England schon seit vielen Jahren verwendet. Neue Materialien erlauben mittlerweile die sichere und effektive Durchführung der Koronardiagnostik sowie der Intervention und Stentimplantation über diesen Zugangsweg.

Studienlage

Einige aktuelle Studien zeigen, dass der transradiale dem transfemoralen Zugangsweg in den meisten Belangen überlegen ist. Dennoch ist die Rate an transradialen Untersuchungen in der Schweiz immer noch unterrepräsentiert. In zwei Studien mit transradial behandelten Patienten mit akutem Koronarsyndrom und/oder STEMI waren die zugangsbedingten Blutungskomplikationen und die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität niedriger als bei transfemoral behandelten Patienten. Insbesondere traf diese Beobachtung auf Patienten mit erhöhtem Risiko zu. In der RIVAL-Studie waren Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall oder schwere Blutungen 8% geringer aufgetreten beim Radialiszugang (nicht sign.). Das Komplikations-risiko war 60% geringer. Die MATRIX-Studie hatte 8’404 Patienten eingeschlossen. Der transradiale Zugang reduzierte die Mortalität um 28%, der kombinierte Endpunkt aus Tod, Herzinfarkt oder Schlaganfall war aber nicht unterschiedlich. Schwere Blutungen traten beim radialen Zugang wiederum signifikant seltener auf. Aufgrund von 4 grossen Studien die einen klaren Überlebensvorteil bei Patienten mit akutem Herzinfarkt gezeigt haben, empfehlen die aktuellen europäischen Richtlinien den Radialiszugang bei diesen Patienten.

Komplikationen

Bei einem transfemoralen Zugang kann es zur Bildung von Pseudoaneurysmen, Fisteln oder auch Gefässeinrissen (Dissektionen) kommen. Die Leistenarterie ist wegen ihrer tieferen Lage im Gewebe schlechter von aussen komprimierbar und gefährdet für grosse Blutungen. Im Fall einer retroperitonealen Blutung besteht akute Lebensgefahr. Es wird angenommen, dass der Mortalitätsvorteil der radialen Intervention bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt mit den fehlenden schweren Blutungen in der Leiste erklärt ist. Blutungen werden beim Myokardinfarkt durch die  vermehrt eingesetzten Thrombozyten-aggregationshemmer und Antikoagulantien begünstigt. Die Früherkennung oberflächlicher Blutungen wird zusätzlich durch den Druckverband verhindert. Komplikationen werden an der Hand schneller erkannt als in der Leiste und sie können in der Regel auch behoben werden. Die Wahl der Schleusen- und Kathetergrössen sowie die postinterventionelle Kompression und Hämostase sind entscheidende Faktoren. Eine gefürchtete Komplikation nach Radialisuntersuchung ist in ca. 2-5% der Verschluss der Arteria radialis, dieser verläuft aber aufgrund der doppelten Blut-versorgung der Hand über den Arcus palmaris oft asymptomatisch. Die Blutung aus der Arteria radialis ist sehr selten und kann meistens durch lokale Kompression behandelt werden. Die Dauer der Durchleuchtung und der Prozedur selbst können bei der Radialisuntersuchung länger sein als bei einem transfemoralen Zugang, wobei auch diese Parameter deutlich von der Expertise des Untersuchers abhängen. Ähnlich verhält es sich mit Verkrampfungen (Spasmen) der Armarterie, die in seltenen Fällen einen Wechsel in die Leistenarterie verlangen. Die restlichen Komplikationen sind eine Rarität. Über den Radialiszugang behandelte Patienten können sofort nach dem Eingriff mobilisiert werden, was von Patienten (vor allem ältere Patienten und Rückenschmerz-Patienten) und Pflegepersonal gleichermassen geschätzt wird. Der transradiale Kompressionsverband wird problemlos toleriert, erlaubt permanente Kontrolle der Punktionsstelle und kann nach 3 Stunden komplett entfernt werden.

Situation im KSBL

Die Erfolgs- und Komplikationsrate der Radialisuntersuchung hängt von der Expertise des Untersuchers und dem Volumen der transradialen Untersuchungen / Interventionen / Jahr ab. Im KSBL wurden 2014 78% aller Patienten über den Radialiszugang untersucht oder behandelt. Das aktive Radialisprogramm am KSBL garantiert damit einen hohen Qualitäts-standard und bietet eine Untersuchungs-methode, die seinen Patienten optimale Sicherheit und einen hohen Komfort bietet.