Blasenbeschwerden und Blasenfunktionsstörungen

Blasenbeschwerden und Blasenfunktionsstörungen – Kurz und bündig

Die Harnblase ist Teil des unteren Harntraktes und ihre Aufgabe ist es einerseits, den Urin zu speichern - der ununterbrochen aus den Nieren über die Harnleiter kommt - und andererseits den Harn willentlich und kontrolliert zu entleeren. Eine durchschnittliche Harnblase des erwachsenen Menschen fasst ca. 500 ml, wobei das Fassungsvermögen bei Männern etwas grösser ist als dasjenige von Frauen.

Im Folgenden geben wir Ihnen nähere Informationen zu Harnblasenfunktionsstörungen, sprich Blasenbeschwerden, deren Ursachen, Diagnostik und Therapiemöglichkeiten.

Blasenkrebs KSBL

Kurzüberblick

Blasenbeschwerden liegt meist eine Harnblasenfunktionsstörung zu Grunde und diese beeinträchtigt nicht nur die Lebensqualität und das Wohlbefinden der betroffenen Menschen, sondern es können als Folge auch Veränderungen der Harnblase und im Verlauf irreversible Schäden des oberen Harntraktes bzw. Nieren auftreten, die bis hin zu einem Verlust der Nierenfunktion reichen können. Entsprechend ist eine fundierte Diagnostik mit Dokumentation der Symptome, Beurteilung der Anatomie und ggf. Funktionsprüfung der Harnblase zentral für eine genaue Diagnose und folglich Therapie.

Die Blase: Lage, Form und ihre Funktionen

Die Harnblase des Menschen ist ein Hohlorgan, das der Muskulatur des Beckenbodens aufsitzt und direkt hinter dem Schambein unter Bauchmuskulatur liegt. Bei schlanken Menschen kann sie in vollem Zustand unterhalb des Bauchnabels als Vorwölbung des Unterbauches getastet werden. An ihrer hinteren unteren Seite münden die Harnleiter, die den Urin von den Nieren in die Blase transportieren. Der Ausgang der Harnblase wird durch einen inneren und einen äusseren Schliessmuskel verschlossenen bzw. geöffnet. Der innere Schliessmuskel funktioniert unwillkürlich, kann also im Gegensatz zum äussere Schliessmuskel nicht willentlich bzw. bewusst gesteuert und kontrolliert werden. Der äussere Schliessmukel ist in die Beckenbodenmuskulatur integriert.

Grundsätzlich übernimmt die gesunde Harnblase des Menschen zwei Aufgaben:

  1. Speicherung des Urins
  2. Kontrollierte Entleerung

Auch wenn uns diese beiden Funktionen selbstverständlich erscheinen, so basieren diese auf komplexen, neurologischen Vorgängen. Die Harnblasenfunktion – sprich Speichern und Entleeren des Urins – unterliegt dem komplexen Zusammenspiel des Gehirns und des Rückenmarks, die die Aktivität der Harnblase, der Harnröhre und des Beckenbodens koordinieren.

Blasenbeschwerden und Störungen der Harnblasenfunktion

Kommt es zu Erkrankungen der Harnblase, des Schliessmuskels oder des Nervensystems, dann können Störungen der Blasenfunktion auftreten. Hierbei werden unter anderem verschiedene Fehlfunktionen unterschieden:

  • Schmerzen in Bereich des Beckens, der Blase oder der Genitalien
  • häufiger Harndrang - während des Tages und der Nacht
  • erschwerte Entleerung der Blase mit Bildung von Restharn
  • wiederholt auftretende Harnwegsinfektionen in der Blase und/oder Nieren
  • unfreiwilliger Verlust von Urin, sprich Inkontinenz

Schmerzen infolge solcher Erkrankungen haben oft einen komplexen Hintergrund. Wichtig ist die Unterscheidung von organischen Ursachen des Schmerzes – wie zum Beispiel Harnsteine oder Tumoren – von solchen, die nicht sichtbar gemacht werden können und z. B. als Beckenschmerzsyndrom beschrieben werden.

Häufiger Harndrang und auch häufiges Wasserlassen während des Tages oder während der Nacht können Anzeichen für verschiedene Störungen oder Erkrankungen sein. Bei regelrechter Blasenfunktion und einer Trinkmenge von 1.5-2 Litern am Tag entleeren Erwachsene zwischen vier und sechsmal Mal pro Tag ihre Blase. Bei häufigem Wasserlassen und/oder starkem Harndrang kann die Ursache vielfältig sein und beispielweise ein Harnwegsinfekt, Blasensteine, Blasentumoren, eine gutartige Prostatavergrösserung, ein Prostatakarzinom oder neurologische Ursachen zu Grunde liegen. Ebenso können eine erhöhte Trinkmenge – bei Stoffwechselstörungen wie Diabetes oder bei psychischen Erkrankungen - oder bestimmte Medikamente zu einem häufigeren Harndrang bzw. vermehrtem Wasserlassen führen.

Normalerweise entleert sich die Blase vollständig. Von Restharn sprechen wir dann, wenn nach dem Wasserlösen noch Harn in der Blase verbleibt. Solche Blasenentleerungsstörungen können vielfältige Ursachen haben. Hier wird zwischen mechanischen und neurogenen Ursachen unterschieden. Zu den mechanischen Ursachen zählen zum Beispiel eine Überdehnung der Blasenmuskulatur, Abflussbehindeungen durch eine vergrösserte Prostata oder eine Verengung der Harnröhre. Dagegen werden neurogene Blasentleerungsstörungen unter anderem durch Diabetes mellitus, einen Schlaganfall, einen Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule oder Multiple Sklerose verursacht.

Das Harnsystem ist besonders anfällig für Infektionen. Siedeln sich hier Bakterien an, kann es zu Harnwegsinfektionen kommen, die sich schnell im gesamten Harnsystem ausbreiten. Wenn solche Infektionen innerhalb von kürzerer Zeit immer wieder auftreten, dann sprechen wir von rezidivierenden bzw. wiederkehrenden Harnwegsinfekten. Von solchen Rückfällen ist etwa ein Fünftel der Patienten betroffen. Hierbei handelt es sich überwiegend um Frauen. Harnwegsinfekte bei Männern sind aufgrund ihrer Anatomie mit Prostata und deutlich längerer Harnröhre viel seltener als bei Frauen, können aber im Fall des Auftretens auch schwerwiegende Verläufe zeigen. Harnwegsinfekte bei Männern sind häufig ein Zeichen für die Veränderungen im unteren Harntrakt, also der Blase, Prostata oder Harnröhre und sollten abgeklärt werden.

Der unfreiwillige oder unwillkürliche Harnverlust wird als Harninkontinenz oder auch als Blasenschwäche bezeichnet. Nähere Informationen hierzu erhalten Sie weiter unten in einem eigenen Kapitel zu diesem Thema.

Die Diagnose von Blasenfunktionsstörungen

Wenn Sie unter einer Störung der Blasenfunktion leiden, dann beeinträchtigt dies die Lebensqualität stark. Sie sollten in diesem Fall einen Facharzt aufsuchen, der Sie ausführlich informieren, untersuchen, beraten und falls nötig therapieren wird.

Zunächst wird sich der Arzt ein Bild des Hauptproblems und der allgemeinen Krankengeschichte, Medikamenten-Einnahmen etc. verschaffen. Die alltägliche Situation bzw. Problematik beim Wasserlassen kann durch das Führen eines Blasentagebuches, das zuvor geführt oder mitgegeben wird, objektiviert werden. Im Anschluss daran erfolgen einfache Untersuchung des Urins und meist eine Ultraschalluntersuchung von Blase und Nieren, um sich von der allgemeinen anatomischen Situation ein Bild zu machen.

In Abhängigkeit der Befunde wird entweder sogleich eine Therapie eingeleitet oder gegebenenfalls weitere vertiefende Untersuchungen wie eine Blasenspiegelung oder eine Blasendruckmessung (Urodynamik) vorgeschlagen.

Die Blasenspiegelung wird meist ambulant und mit lokaler Betäubung der Harnröhre durchgeführt, sie dient der Untersuchung der unteren Harnwege.

Die Blasendruckmessung wird auch als Urodynamik bezeichnet. Sie wird in aller Regel ambulant durchgeführt und dauert zwischen 60 und 90 Minuten. Hierbei wird die Harnblasenfunktion – sprich Füllung und Entleerung – untersucht. Die meisten Blasenfunktionsstörungen können damit sicher diagnostiziert werden.

Die Therapie von Blasenbeschwerden

So vielfältig Blasenbeschwerden und ihre zugrundeliegenden Blasenfunktionsstörungen sein können, so umfassend sind auch die Behandlungsmöglichkeiten. Sie lassen sich grundsätzlich in die folgenden Gruppen einteilen:

  • Medikamentöse Therapie
  • Verhaltenstherapie
  • Physiotherapie
  • Neuromodulative Therapie
  • Minimalinvasive Therapie
  • Operative Therapie

Viele Blasenbeschwerden lassen sich mit wirksamen Medikamenten behandeln, die Ihnen dabei helfen, Ihre Lebensqualität wiederherzustellen und Ihre Blasenfunktionsstörungen in den Griff zu bekommen. 

Auch Verhaltensänderungen, insbesondere der Trinkgewohnheiten, können einen entscheidenden Teil zur Verbesserung der Situation beitragen.

Die Physiotherapie zielt vor allem auf eine Stärkung des Beckenbodens ab und eignet sich gleichermassen für Männer und für Frauen.

Bei der neuromodulativen Therapie werden durch kaum spürbare, elektrische Impulse im Milli-Ampère-Bereich (mA) bestimmte Nerven stimuliert und damit die Blasenfunktion verbessert. Diese Behandlungen sind in der Regel sehr nebenwirkungsarm.

Zu den minimalinvasiven Behandlungsformen von Blasenbeschwerden zählt vor allem die Botulinumtoxin-Injektionstherapie. Hierbei wird Botox® in den Blasenmuskel oder seltener in den Schliessmuskel injiziert. Das Botulinumtoxin bewirkt eine Teillähmung der behandelten Muskeln. Dadurch setzt eine Entspannung ein, was unter anderem dazu führt, dass mehr Urin über einen längeren Zeitraum gespeichert werden kann. Wichtig zu wissen ist, dass die Wirkung der Injektion nicht aktiv mit einem Gegenstoff rückgängig gemacht werden kann und dass sich das Botox langsam im Muskel abbaut. Dies kann unterschiedlich lange dauern, meist hält die Botox-Wirkung zwischen 6-12 Monate an. Die Botox-Wirkung kann so ausgeprägt sein, dass die Patientin oder der Patient nach voller Entfaltung der Botox-Wirkung die Harnblase nur noch teilweise oder gar nicht mehr richtig entleeren kann. Das macht dann das Erlernen des intermittierenden Selbstkatheterismus (ISK) oder die vorübergehende Einlage eines Katheters – über die Harnröhre oder über die Bauchdecke - notwendig.

Zusätzlich stehen verschiedene operative Eingriffe zur Verfügung, mit denen sich bestimmte Blasenfunktionsstörungen und Blasenbeschwerden wirksam behandeln lassen. Hierzu zählen zum Beispiel eine Erweiterung der Harnblase, die sogenannte Bauchnabelblase oder die komplette Blasenentfernung mit Entleerung des Urins über ein Stoma oder über eine Ersatzblase. Ebenso ist bei männlicher Belastungsinkontinenz Implantation von Schliessmuskelprothesen möglich. Bei Frauen legen die Kollegen der Gynäkologie bei Belastungsinkontinenz spannungsfreie, suburethrale Bänder ein.

Blasenbeschwerden bei Männern

Die bedeutendste und häufigste Ursache für Blasenbeschwerden beim Mann ist die gutartige Prostatavergrösserung. Sie nimmt mit zunehmendem Alter zu. Im englischen Sprachraum wird diese oft mit dem Akronym der lower urinary tract symptoms (LUTS) bezeichnet. Typisch sind einerseits Probleme den Urin zu speichern mit plötzlichem und häufigem Harndrang mit teilweise Inkontinenz, und andererseits Harnentleerungsprobleme mit schwachem Harnstrahl, verzögertem Beginn des Wasserlösens, Pressen, Nachträufeln und Restharngefühl.

Eine chronische, also über lange Zeit unvollständige Harnblasenentleerung kann zu einer sog. Überlaufblase bzw. Überlauf-Inkontinenz führen. Typische Komplikationen einer unerkannten bzw. unbehandelten, durch eine Prostatavergrösserung bedingten Harnblasenfunktionsstörung können von Restharnbildung mit Harnverhalt, Makrohämaturie, wiederkehrenden Harnwegsinfekten, Blasendivertikelbildung sowie Niereninsuffizienz mit Nierenversagen schwerwiegende Konsequenzen haben.

Blasenbeschwerden bei Frauen

Blasenbeschwerden bei Frauen sind sehr häufig. Hier steht vor allem die Inkontinenz mit oder ohne Harndrang im Vordergrund. Restharnbildung bzw. eine inkomplette Blasenentleerung ist ebenfalls häufig. Es versteht sich von selbst, dass dies für die betroffenen Patienten sehr belastend ist und die Lebensqualität stark eingeschränkt wird.

Urininkontinenz

Urininkontinenz betrifft sowohl Frauen auch als Männer. Unterschieden wird zwischen vier verschiedenen Formen der Harninkontinenz:

  1. Dranginkontinenz
  2. Stressinkontinenz
  3. Überlaufinkontinenz

Bei der Dranginkontinenz kommt es zu starkem Harndrang, der in darauf in ungewolltem Urinverlust mündet. Diese kann von wenigen Tropfen bis zu komplett durchnässten Einlagen oder Windeln reichen. Oft wird in diesem Zusammenhang auch von Reizblase oder überaktiver Blase (engl. «overactive bladder» = OAB) gesprochen. Die überaktive Blase ist ein Begriff der ein Symptomenkomplex, der sich mit starkem Harndrang mit oder ohne Urininkontinenz präsentiert. Man spricht auch von einer trockenen (OAB dry) bzw. nassen (OAB wet) Form der der überaktiven Blase. Häufig treten auch nächtliches Wasserlösen (Nykturie) und eine insgesamt stark gesteigerte Harnfrequenz auf. Dabei werden beim Toilettengang oft nur geringe Mengen Urin gelassen. Die Aufgabe des Arztes ist es im Rahmen der Abklärung einer sog. «überaktiven Blase» die abzuklären. Wichtig ist die Unterscheidung, ob der «überaktiven Blase» eine neurologische Ursache zugrunde liegen könnte.

Stressinkontinenz (= Belastungsinkontinenz) tritt bei körperlicher Anstrengung oder z. B. beim Tragen, schweres Heben, Niesen, Husten oder auch Lachen auf. Es geht kein vorheriger Harndrang voraus.

Bei der Überlaufinkontinenz kommt es zu sehr häufigem, teils kontinuierlichem, unwillkürlichen Abgehen von oft kleinen Urinportionen bei inkompletter Harnblasenentleerung bzw. Restharnbildung. Es können Symptome wie ein unterbrochener Urinstrahl, zögerliches Einsetzen des Harnstrahls, immer wiederkehrender Harndrang und häufiges nächtliches Wasserlassen auftreten. Der Grund kann z. B. in einem Hindernis bei der Blasenentleerung – wie bspw. der Prostatavergrösserung – liegen. Eine weitere Ursache kann ein schwacher Blasenmuskel sein. Man spricht hier auch von einer hypo- oder gar akontraktiler Blase. Also eine Blase, die sich nur schwach oder gar nicht mehr zusammenziehen kann, um den Harn zu entleeren.

Im Rahmen der Diagnose von unwillkürlichem Harnverlust bemüht sich der Arzt im Rahmen eines Gespräches zunächst darum, die Form und die Schwere der Inkontinenz zu bestimmen. Ganz besonders wichtig ist es das Trink- und Blasenentleerungsverhalten am Tag und in der Nacht zu beurteilen. Hilfreich ist hier das Blasentagebuch. Im Anschluss daran erfolgt eine gründliche körperliche Untersuchung. Zusätzlich werden Blut und Urin untersucht. Auch eine Ultraschalluntersuchung der Harnblase und der Harnwege gehört zur Basisdiagnostik. Je nach Befund und Ursache können in der Folge weitere Untersuchungen durchgeführt werden.

Die individuelle Therapie der Harninkontinenz hängt immer von der jeweiligen Form und von ihren Ursachen ab und ist weiter oben beschrieben worden.

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