Palliative Care ist eine gemeinsame Aufgabe

Grundlage der Palliative Care ist eine ganzheitliche/holistische Sichtweise auf die meist komplexen Patientensituationen. Diese beinhaltet das Erfassen der physischen, psychischen, sozialen und spirituellen (multidimensionalen) Bedürfnissen der Patienten und deren Angehörige. Meist ändern sich die Bedürfnisse rasch im Verlauf einer Erkrankung, was für den Patienten, seine Angehörigen, aber auch für das Behandlungsteam eine grosse Herausforderung darstellen kann. Die Erfassung der multidimensionalen Bedürfnisse der Patienten, der verschiedenen Facetten seines Leidens, aber auch seiner Ressourcen ist nur in guter interprofessioneller Zusammenarbeit möglich.

Jede den Patienten mitbetreuende Berufsgruppe, jede in die Behandlung eingebundene Person hat einen anderen Zugang, einen anderen Blick auf die Patientensituation. In der interprofessionellen Zusammenarbeit geht es darum die verschiedenen Sichtweisen zusammenzutragen, und gemeinsam die weitere Betreuung des Patienten zu planen und zu gestalten. Dies bedarf, dass sich die verschiedenen Berufsgruppen, welche in die Betreuung und Begleitung eines Patienten involviert sind, regelmässig austauschen.

Im Kantonsspital Baselland, Standort Liestal, gibt es seit August 2019 ein ‘Interprofessionelles Team Palliative Care’. Dieses besteht aus Vertretern verschiedener Berufsgruppen wie Ernährungsberatung, Ethik, Pflegeexpertise, Physiotherapie, Psycho-Onkologie, klinische Pharmakologie, Seelsorge, Sozialdienst, Ärzten der Psychiatrie und Onkologie (bei Bedarf ergänzend auch Ergotherapie, Logopädie und Schmerzdienst) und dem Palliative Care Team. Regelmässig werden auch die zuständigen Pflegenden und Ärzte von den Stationen, aber auch die Mitbetreuenden Spezialisten zu den Besprechungen eingeladen.

Interprofessionelle Patientenbesprechungen

Das ‘Interprofessionelle Team Palliative Care’ setzt sich wöchentlich zu ausführlichen Patientenbesprechungen gemeinsam an einen Tisch. Ziel dieses Austauschs ist es, die verschiedenen Informationen und Sichtweisen zusammengetragen und für den Patienten und deren Angehörige ein bestmögliches weiteres Prozedere zu erarbeiten – ganz praktisch kann dies eine Anpassung der Medikamente, eine Veränderung des Therapieangebots oder die konkrete Planung und Organisation eines Austrittes sein.

Oberstes Ziel der Interprofessionalität ist für den Patienten und dessen Angehörige zu jedem Zeitpunkt im Verlauf einer Erkrankung eine bestmögliche Lebensqualität zu ermöglichen. Dabei geht es darum das Leiden des Patienten und dessen Angehörigen zu erfassen und zu lindern, das Therapieziel nach Möglichkeit zu klären, und die Ressourcen des Patienten und dessen Umfeld zu stützen und zu stärken.

Die im Rahmen der interprofessionellen Besprechungen zusammengetragenen Informationen und der daraus resultierende Vorschlag bezüglich des weiteren Prozedere, werden allwöchentlich als Verlaufseintrag im palliativmedizinischen Konsil aufgeschrieben (jeweils gespeichert in der elektronischen KG/Polypoint, unter der aktuellen Fallnummer).

Interprofessionalität als "Netz"

Durch die strukturiert stattfindenden Patientenbesprechungen und den regelmässigen Austausch im interprofessionellen Team, bietet sich Raum, um eine gemeinsame Haltung in Bezug auf palliativmedizinische Fragestellungen im klinischen Alltag zu entwickeln.

In der alltäglichen Arbeit am Patientenbett zeigt sich immer wieder, dass durch die regelmässigen Austausche eine Vertrautheit im interprofessionellen Team entstanden ist, welche auch ausserhalb der wöchentlichen Patientenbesprechungen kurze Rück-/Absprachen erleichtern. So kann in der gemeinsamen Patientenbetreuung zeitnah auf mögliche Veränderungen der Patientenbedürfnisse eingegangen werden kann.

Im Rahmen der gemeinsamen Patientenbesprechungen werden nicht nur die Bedürfnisse der Patienten, sondern auch jene der Behandlungsteams im KSBL sichtbar. Somit ist es auch Ziel der Interprofessionalität die ‘palliativmedizinischen’ Bedürfnisse des KSBL aus Sicht der verschiedenen Berufsgruppen/Personen zu erfahren und die Palliative Care am KSBL gemeinsam, als interprofessionelles Team, den aktuellen Bedürfnissen und Begebenheiten entlang zu gestalten und weiterzuentwickeln.

Etwa alle drei Monate treffen wir uns im Anschluss an unsere Patientenbesprechung zu einem interprofessionellen ‘work-in’. Diese Besprechungen erlauben es in regelmässigen Abständen das Format der Patientenbesprechungen aber auch die interprofessionelle Entwicklung der Palliative Care am KSBL zu reflektieren und gemeinsam zu gestalten. In diesem Rahmen entstand auch die Idee Weiterbildungen für das interprofessionelle Team Palliative Care zu planen, welche nun zwei Mal jährlich stattfinden.

Auch bei der Erarbeitung von palliativmedizinischen SOPs (Standard Operation Procedures) zu verschiedenen klinisch häufigen Symptomen – wie Schmerz, Nausea, Dyspnoe etc – ist das interprofessionelle Team involviert. Die SOPs werden zu Beginn vom Team Palliative Care (Konsildienst und SEOP) erarbeitet und dann von den verschiedenen Professionen überarbeitet und ergänzt. Ziel ist es SOPs zu schaffen, welche möglichst vielen Mitarbeitern des KSBL den Alltag erleichtern.

Interprofessionalität ist Grundlage der Arbeit in der Palliative Care. Interprofessionalität zu leben und aktiv im Alltag zu gestalten ist eine grosse Herausforderung und bedarf grosser Offenheit und Flexibilität jedes einzelnen. Interprofessionalität ist aber auch eine grosse Bereicherung des Berufsalltags und eine unverzichtbare Hilfe in der umfassenden Betreuung der Patienten.

Dank Interprofessionalität gelingt es, Menschen in palliativen Situationen eine möglichst ganzheitliche Medizin zu ermöglichen und die Palliative Care bei Bedarf an jedes Bett des KSBL bringen zu können.