Stuhlinkontinenz

Unter einer Stuhlinkontinenz versteht man die Unfähigkeit, Darminhalt unterschiedlichster Konstistenz willkürlich zu kontrollieren. Die Stuhlkontinenz basiert auf dem Zusammenspiel verschiedener motorischer, sensorischer und anatomischer Mechnismen. Ist eine der drei Komponenten gestört, kommt es zur Stuhlinkontinenz. Dies bedeutet für den Betroffenen eine Einschränkung seiner Lebensqualität und kann je nach Schweregrad zur sozialen Isolation führen.

Welche Formen unterscheidet man?

Passive Inkontinenz: Es kommt zum unkontrollierten Stuhlabgang und der Patient nimmt den Stuhlabgang nicht wahr. Diese Form findet sich meist bei älteren Patienten und ist mit einem Rektumprolaps, seniler Inkontinenz oder einer neurogen verursachten Sphinkterschwäche assoziiert. Im Rahmen von Untersuchungen findet man einen Schaden des inneren Schliessmuskels, einen niedrigen Ruhetonus und einen Sensibilitätsverlust.

Stressinkontinenz: Der Patient bemerkt das Stuhlschmieren, kann es aber trotz aktiver Kontraktion des Schliessmuskelapparates nicht verhindern. Diese Form findet man bei Patienten mit Beckenboden- und Schliessmuskelverletzungen. Die nervale Innervation ist intakt. Patienten mit einer Stressinkontinenz müssen bei Stuhldrang sofort eine Toilette aufsuchen.

Wie kann man die Beschwerden objektivieren?

Inkontinenzscore nach Oliviera:

Inkontinenzscore

Welche Behandlungen existieren?

Primäres Ziel ist es, die Beschwerden zu lindern oder, wenn möglich, zu beseitigen.

Ist die Stuhlinkontinenz aufgrund eines Schliessmuskelschadens, einer komplexen Nervenschädigung oder nicht eindeutiger Ursachen bedingt, ist eine Behandlung schwierig. In diesen Situationen stützt man sich vor allem auf konservative (nicht-operative) Verfahren:

  • Verhaltenstraining (Stuhlregulation mit Diäten, Toilettentraining, Drangkontrolle, Stuhltagebücher, Hautpflege, psychologische Unterstützung).
  • Stuhleindickung: Quellmittel, stopfende Nahrungsmittel (roher Gries, Kakao, getrocknete Heidelbeeren) stopfende Medikamente (z.B. Imodium®).
  • Vollständige Mastdarmentleerung durch Einläufe oder Zäpfchen.
  • Muskeltraining durch Beckenbodengymnastik und Biofeedback.

Für bestimmte Patienten, z.B. lokalisierte Defekte des Schliessmuskels, kann eine Operation am Schliessmuskel sinnvoll sein. Folgende Verfahren stehen zur Verfügung:

  • Schliessmuskelnaht (Sphinkteroplastik)
  • Schliessmuskelersatzplastik z.B.: Grazilisplastik. Bei dieser Methode wird mit einem Oberschenkelmuskel ein neuer Schliessmuskel gebildet.   
  • Künstlicher Schliessmuskel: Eine aufblasbare Manschette wird um den Afterkanal eingebaut. Um zu entleeren, wird vom Patienten über einen Pumpmechanismus die Manschette entspannt und dann wieder aufgefüllt.
  • Künstlicher Darmausgang: Die Ausleitung des Stuhls über die Bauchdecke ist gelegentlich die einzig mögliche Behandlungsform.   
  • Sakrale Nervenstimulation