17. Juni 2021

Rückenschmerz - häufig, aber meist gut behandelbar

Rückenschmerzen kommen oft vor, verlaufen aber glücklicherweise in den meisten Fällen harmlos. Dauern die Beschwerden jedoch länger an, braucht es medizinische Abklärungen, um den Ursachen auf den Grund zu gehen und die richtigen therapeutischen Massnahmen zu planen.

Fast alle von uns trifft es zwischendurch – doch woher kommt es, dass wir es so oft am Rücken haben? «Da der Ursprung der meisten Rückenschmerzen in den Weichteilen liegt, also in Muskeln, Bändern und Sehnen, ist das Bewegungsverhalten unserer Gesellschaft einer der wesentlichsten Faktoren, welcher zu Rückenschmerzen führt», erklärt Dr. med. Beat Ritter, Chefarzt Basellandschaftliches Zentrum für Rehabilitation und Altersmedizin am Kantonsspital Baselland (KSBL). Dieser Bewegungsmangel ist in den letzten 50 Jahren nicht zuletzt der zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt zuzuschreiben, welche die Menschen immer mehr in die sitzende Position zwingt. Auch in der Freizeit verbringen viele die Zeit vor dem Fernseher, Computer oder am Smartphone. «Der Bewegungsapparat ist für die heutigen Anforderungen nicht mehr genügend trainiert und somit weniger widerstandsfähig gegen die wechselnden Belastungen im Alltag. Wegen den grossen Hebelkräften ist der Rücken am meisten davon betroffen», bringt es Dr. Ritter auf den Punkt. Erfreulicherweise habe in den letzten 20 Jahren ein Umdenken stattgefunden. Regelmässige körperliche Aktivitäten mit schrittweisem Muskelaufbautraining und eine gesunde Ernährung seien die beste Prävention gegen Rückenprobleme.

Der Griff zum Skalpell ist nur selten nötig

Die gute Nachricht ist, dass sich die meisten Rückenschmerzen mit einer konservativen Behandlung therapieren lassen. Nur selten ist ein operativer Eingriff nötig. «In Notfällen mit neurologischen Ausfällen, bei Instabilitäten des Achsapparates sowie nach Ausschöpfen sämtlicher konservativer Therapien kann eine Operation angezeigt sein», sagt Dr. med. Harry Gebhard, Leitender Arzt und Leiter der Wirbelsäulenchirurgie am KSBL. Die Ursachen für solch schwerwiegende Rückenprobleme seien äusserst vielfältig. «Von Brüchen über Entzündungen hin zu fortgeschrittenen Verschleisserscheinungen oder Tumoren – verschiedene Ursachen können starke Rückenschmerzen auslösen.» Dank modernster Operationstechniken kann heute minimalinvasiv operiert werden. «Wir arbeiten mit der Schlüssellochchirurgie, welche die wichtigen Muskelpartien schont, weniger Blutverlust verursacht und den Organismus deutlich geringer belastet.» Dadurch erholen sich die Patientinnen und Patienten rascher und sie sind schneller wieder arbeitsfähig. Die minimalinvasive Chirurgie erlaube es, auch bei sehr jungen und vorerkrankten älteren Patientinnen und Patienten notwendige Operationen mit grossem Erfolg vorzunehmen, berichtet der erfahrene Wirbelsäulenchirurg.


«Es gibt nicht den Standardpatienten/die Standardpatientin und deshalb gibt es auch nicht die Standardtherapie.»

Dr. med. Bijan Cheikh-Sarraf,
Chefarzt Klinik für Schmerztherapie am KSBL


Wenn sich der Schmerz verselbstständigt

Wer länger unter hartnäckigen Rückenschmerzen leidet, sollte diese abklären lassen. Dabei ist die Diagnosestellung oftmals nicht einfach. «Rückenschmerzen lassen sich per se nicht mit einem bildgebenden Verfahren darstellen. Die Bilder können nur helfen, die Ursache für den Schmerz ausfindig zu machen, wenn es sich etwa um einen Bruch oder Tumor handelt», erklärt Dr. med. Bijan Cheikh-Sarraf, Chefarzt Klinik für Schmerztherapie am KSBL. Meist sei der Ursprung des Schmerzes in den Muskeln zu finden. «Wenn es bei den Bandscheiben oder in den Gelenken zu einem Ungleichgewicht kommt, kann das zu Verhärtungen und Verspannungen der Muskulatur führen, und das schmerzt. Das ist wie bei einem Wadenkrampf. » 80–85% der Rückenschmerzen verschwinden spontan wieder. «Trotzdem sollte man mit dem Hausarztbesuch nicht allzu lange zuwarten». Das rät der erfahrene Schmerzspezialist und Orthopäde mit Spezialisierung auf Wirbelsäulenerkrankungen, der viel Fachwissen im Paraplegiker-Zentrum in Nottwil und in der Schmerzklinik Basel erworben hat. «Ob ein Schmerz chronisch wird oder nicht, hat damit zu tun, ob man die Ursache rechtzeitig erkennt und behandelt. » Dabei spiele das organische Problem oftmals eine untergeordnete Rolle. «Die Nervenstrukturen durchlaufen während der Schmerzphase Veränderungen und dabei kann es zu einer ähnlichen Wirkung wie bei einem Musik-Ohrwurm kommen: Der Schmerz wird einfach weitergespielt, auch wenn die organische Ursache schon ausgeheilt ist.» Da das Gehirn bestimmt, welchen Schmerz es wie in den Fokus rückt, kann dieser stärker wahrgenommen werden, als er ursprünglich war. «Das rückgängig zu machen, ist ein Lernprozess, und deshalb kommt in der Schmerztherapie oft auch die Psychotherapie zum Zug, um kognitiv an der Schmerzwahrnehmung zu arbeiten.» Die Kognitionstherapie ist am KSBL Teil der multimodalen Schmerztherapie. «Wir arbeiten in unserer Klinik interprofessionell. Konkret heisst das, dass wir verschiedene Aspekte des menschlichen Körpers miteinbeziehen, um den Schmerz zu therapieren.» Für die Patientinnen und Patienten, die oft eine lange Geschichte von gescheiterten Therapieversuchen hinter sich haben, ist dieser umfassende und individuell angepasste Ansatz von grossem Vorteil. «Es gibt nicht den Standardpatienten und deshalb gibt es auch nicht die Standardtherapie. Das Therapieprogramm ist an die Bedürfnisse und an den Schmerz der Patientin und des Patienten angepasst.»  

BEHANDLUNG VON RÜCKENSCHMERZEN AM KSBL

Das Kantonsspital Baselland (KSBL) bietet für die verschiedensten Ursachen von Rückenleiden spezifische Behandlungsmöglichkeiten an. Neben umfassenden Abklärungen werden konservative und operative Therapien durchgeführt. Dabei arbeiten die Teams der Klinik für Schmerztherapie, der Wirbelsäulenchirurgie, der Rehabilitation und Altersmedizin und der Physiotherapie in einem Netzwerk eng zusammen. Dieser interdisziplinäre und individuell abgestimmte Behandlungspfad bietet eine Lösung für Rückenprobleme aller Art. Stationär wie auch ambulant werden die Patientinnen und Patienten von der Physiotherapie sowohl individuell als auch in Gruppen und in speziellen Programmen betreut. Das medizinische Trainingsprogramm kann später selbstständig fortgesetzt werden.

www.ksbl.ch/therapien  


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Weitere Informationen zum Thema finden Sie auf unserer Internetseite: www.ksbl.ch/ruecken


Der Beitrag erschien in der Juni Ausgabe der Magazine Regio aktuell & Basel aktuell.


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